LVIS Recherche - Niederschrift
12. Landschaftsversammlung 2004-2009
Niederschrift
über die 27. Sitzung des Gesundheitsausschusses
am 16.01.2009 in Köln, Landeshaus
- öffentlicher Teil -
Anwesend vom Gremium:
CDU
Bündgens, Willi
Eckenbach, Jutta
Heidrich, Paul
Herbrecht, Wilhelm
Kölzer, Martha Helene
Loepp, Helga
Meies, Fritz
Schaaf, Edith (für Lipschitz)
Schiefer, Ursula
SPD
Benninghaus, Walburga
Berten, Monika
Holzhauer, Albert
Latak, Helmut
Dr. Rolle, Jürgen
Schnitzler, Stephan
Schulz, Margret
Wiesemann, Karin
Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Asch, Andrea Ursula (MdL) (Vorsitzende)
Peil, Stefan
FDP
Paßmann, Bernd
Dr. Schreiber, Susanna
Verwaltung:
van Brederode, LVR-Leiter Planung und Förderung
Freund, LVR-Leiter Maßregelvollzug
Groeters, LVR-Amt Kliniken (Protokoll)
Lukaßen, LVR-Fachbereich Kommunikation
Lubek, LVR-Dezernentin Gesundheit, Heilpädagogische Netzwerke
Steinhoff, LVR-Stabsstelle Gleichstellung und Gender-Mainstreaming
Wenzel-Jankowski, LVR-Amt Kliniken
Gast:
Dr. Stephan Rinckens, Ärztlicher Direktor der LVR-Klinik Mönchengladbach

T a g e s o r d n u n g

 

Öffentliche Sitzung
Beratungsgrundlage
1.
Anerkennung der Tagesordnung

 

2.
Niederschrift über die 26. Sitzung vom 14.11.2008

 

3.
Erfahrungsbericht über den Umgang mit psychisch Kranken in England

 

4.
NKF-Haushalt 2009
hier: Zuständigkeiten des Gesundheitsausschusses
12/3890

 

5.
Wirtschaftsplanentwürfe 2009 sowie die Veränderungsnachweise zu den Wirtschaftsplänen 2009 der LVR-Kliniken

 

6.
Bettenzahlen und Strukturen der LVR-Kliniken für das Jahr 2009

 

7.
Einführung eines Anteils von 10 Prozent an Nahrungsmitteln aus kontrolliert biologischem Anbau bei der Lebensmittelbeschaffung der LVR-Kliniken

 

8.
Leben von Menschen mit Behinderung in Gastfamilien mit ambulanter Unterstützung

 

9.
Mitteilung der Verwaltung

 

10.
Verschiedenes

 

Nichtöffentliche Sitzung
Beratungsgrundlage
11.
Niederschrift über die 26. Sitzung vom 14.11.2008

 

12.
Neukonzeption der Leitungsstruktur der LVR-Kliniken, Grundlagen und Verfahren zur Steuerung des LVR-Klinik-Verbundes
12/3762/1

 

13.
Mitteilung der Verwaltung

 

14.
Verschiedenes

 

Beginn der Sitzung:09:30 AM Uhr
Ende öffentlicher Teil:10:50 AM Uhr
Ende der Sitzung:11:00 AM Uhr
Vor Eintritt in die Tagesordnung begrüßt die Vorsitzende ganz herzlich die Zuhörerinnen und Zuhörer, die Mitglieder des Gesundheitsausschusses und die Verwaltung zu der heutigen Sitzung des Gesundheitsausschusses. Sie wünscht sich auch im neuen Jahr eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit sowie konstruktive Beratungen mit guten Ergebnissen im Gesundheitsausschuss.



Öffentliche Sitzung

Punkt 1
Anerkennung der Tagesordnung

Der Tagesordnung für die Sitzung des Gesundheitsausschusses am 16.01.2009 wird zugestimmt.


Punkt 2
Niederschrift über die 26. Sitzung vom 14.11.2008

Gegen den öffentlichen Teil der Niederschrift werden keine Einwendungen erhoben.


Punkt 3
Erfahrungsbericht über den Umgang mit psychisch Kranken in England

Die Vorsitzende begrüßt zu diesem Tagesordnungspunkt ganz herzlich Herrn Dr. Stephan Rinckens, Ärztlicher Direktor der LVR-Klinik Mönchengladbach.

Herr Dr. Rinckens bedankt sich für die Einladung. Er habe in den Jahren 2005/2006 als Consultant in Bromley (Großraum London) in der psychiatrischen Versorgung in England gearbeitet. Die Versorgungssysteme von Bromley (310.000 Einwohner) und Mönchengladbach (266.000 Einwohner) seien sehr unterschiedlich. In England sei das Gesundheitssystem staatlich organisiert. In der psychiatrischen Versorgung seien Gewalt, Fixierungen, Isolationen und Zwangsmedikationen nicht gänzlich auszuschließen. Es gelte aber, diese soweit wie möglich zu vermeiden. Dafür notwendig sei die Schaffung eines Systems von Sicherheit, Vertrauen, Transparenz, Klarheit und frühzeitigen Informationen. Besonders wichtig sei ein funktionierendes Deeskalationsmanagement. In seiner Zeit in Bromley habe er keine einzige Fixierung erlebt. Allerdings unterscheiden sich die strukturellen Rahmenbedingungen der psychiatrischen Versorgung in England sehr von denen in Deutschland. Es seien nur einige wenige kurzandauernde Isolierungen im Sinne von verordnetem Zimmeraufenthalt ausgesprochen worden. Eine "gewaltfreie Psychiatrie" halte er für eine Illusion. Die Möglichkeit der Gewalt gehöre zum Menschen. Emotionale Situationen würden die Gewaltbereitschaft der Menschen fördern. Von daher dürfe Gewalt nicht tabuisiert werden, sondern es müssten klare Strukturen geschaffen werden, die von der Öffentlichkeit kontrolliert würden.

Herr Dr. Rinckens berichtet zu folgenden Aspekten der psychiatrischen Versorgung in England:

Wichtig sei zu erwähnen, dass in England ambulante und stationäre fachärztliche Leistungen aus einem Budget finanziert würden. Im Vergleich zu Deutschland sei in England weniger ärztliches Personal, aber dafür mehr Pflegepersonal beschäftigt. Von daher gebe es in der Nacht im Gegensatz zu Deutschland eine höhere Personalpräsenz auf den Stationen und damit andere Möglichkeiten der Betreuung der Patientinnen und Patienten. Das Personal im Pflegebereich sei in England oftmals geringer qualifiziert als in Deutschland. Von daher seien so genannte NICE Guidelines erlassen worden. Diese Behandlungsleitlinien seien eine Richtlinie für das Personal, wie sie sich in bestimmten Situationen zu verhalten haben. Hervorzuheben sei, dass 72 Stunden nach einer Zwangsmaßnahme im Team ein Gespräch mit dem/der Patient/Patientin zu dieser Maßnahme erfolgen müsse. Dabei solle auch überlegt werden, wie eine solche Situation für die Zukunft verhindert werden könne. Es sei darauf hinzuweisen, dass in Deutschland die DGPPN (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde) die Leitlinie "Aggressives Verhalten in der Psychiatrie" (ebenfalls wie die entsprechenden NICE-Guidelines in England auch unter Beteiligung der Betroffenen- und der Angehörigenverbände) erarbeitet habe.

In England gebe es für jeden Patienten bzw. jede Patientin, der/die im Gesundheitssystem untergebracht sei, ein Hilfeplanverfahren. Dieses sei Voraussetzung, dass ein Patient bzw. eine Patientin entlassen werden könne. In England gebe es einen Rechtsanspruch auf nachgehende Betreuung.

Aus den Erfahrungen aus England seien insbesondere folgende Punkte hervorzuheben:

Der Beamer-Vortrag von Herrn Dr. Rinckens ist der Niederschrift als Anlage 1 beigefügt.

Die Vorsitzende bedankt sich bei Herrn Dr. Rinckens für seinen sehr informativen Vortrag. Besonders hervorzuheben sei die sehr enge Verzahnung zwischen ambulantem und stationärem Bereich in England. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Fixierungen in den LVR-Kliniken sei ein besonderes Augenmerk auf die geringe Anzahl der Zwangsmaßnahmen in England zu legen. Sehr zu begrüßen sei das Risikomanagement nach einer erfolgten Zwangsmaßnahme, um weiteren Zwangsmaßnahmen vorzubeugen.

Herr Dr. Rolle führt aus, es müsse überlegt werden, welche Bausteine aus England auf die psychiatrische Versorgung im Rheinland übertragen werden können. Besonders beeindruckend seien die Durchführungen der Hilfeplanverfahren in der psychiatrischen Versorgung.

Frau Berten ergänzt, sie sehe einen wichtigen Aspekt darin, dass nach einer Fixierung Gespräche zur Reflexion stattfinden. Viele Probleme könnten durch eine bessere Personalausstattung und Verbesserungen im baulichen Bereich entschärft werden.

Auf Fragen von Frau Eckenbach, Frau Benninghaus, Frau Dr. Schreiber, Herrn Dr. Rolle, Frau Berten und Herrn Holzhauer antwortet Herr Dr. Rinckens:

Die weitere Diskussion fasst die Vorsitzende dahingehend zusammen, die Übertragung von vorbildlichen Versorgungsformen dürfe nicht daran scheitern, weil es unterschiedliche Finanzierungssysteme gebe. Mittlerweile gebe es auf Empfehlung der Expertenkommission auch in Deutschland schon Ansätze, ein gemeinsames Budget für den ambulanten und den stationären Bereich auszuprobieren. Sie weist auf das Regionalbudget im Kreis Steinburg (Schleswig-Holstein) hin. Eine enge Verzahnung zwischen ambulantem und stationärem Bereich müsse auch in den Sektordiskussionen für die LVR-Kliniken berücksichtigt werden. Insbesondere müsse, vor dem Hintergrund der Ausführungen von Herrn Dr. Rinckens, überlegt werden, wie eine Reduzierung von Zwangsmaßnahmen in den LVR-Kliniken erfolgen könne und inwieweit sich das Risikomanagement von England auf Deutschland übertragen lasse. Hier seien insbesondere auch die Krankenhausausschüsse gefragt.

Auf Frage von Herrn Paßmann sagt Frau Lubek zu, in einer der nächsten Sitzungen des Gesundheitsausschusses das Regionalbudget des Landes Schleswig-Holstein vorzustellen.

Der Vortrag von Herrn Dr. Rinckens, Ärztlicher Direktor der LVR-Klinik Mönchengladbach, wird zur Kenntnis genommen.


Punkt 4
NKF-Haushalt 2009
hier: Zuständigkeiten des Gesundheitsausschusses
Vorlage 12/3890

Der Gesundheitsausschuss vertagt die Beratung und Beschlussfassung auf die nächste Sitzung des Gesundheitsausschusses am 13.03.2009.


Punkt 5
Wirtschaftsplanentwürfe 2009 sowie die Veränderungsnachweise zu den Wirtschaftsplänen 2009 der LVR-Kliniken
Vorlage 12/3884

Der Gesundheitsausschuss beschließt einstimmig:
  1. Die Wirtschaftsplanentwürfe der LVR-Kliniken für das Jahr 2009 einschließlich des Kassenkreditrahmens und den Verpflichtungsermächtigungen werden unter Berücksichtigung der Veränderungsnachweise in der Fassung der Vorlage Nr. 12/3884 festgestellt.
  2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Wirtschaftsplanentwürfe 2009 bis zur Drucklegung noch an die aktuelle Entwicklung anzupassen und ggf. erforderliche Änderungen ohne Einzelaufführung in den Veränderungsnachweisen bei der Drucklegung der endgültigen Wirtschaftspläne vorzunehmen, soweit diese Anpassungen keine Auswirkungen auf die ausgewiesenen Ergebnisse haben.


Punkt 6
Bettenzahlen und Strukturen der LVR-Kliniken für das Jahr 2009
Vorlage 12/3740/1

Frau Lubek informiert, aufgrund eines Übertragungsfehlers in der Darstellung der im Reha-Bereich abzubauenden Kapazitäten seien statt einer Reduzierung von geplanten 20 Plätzen lediglich 10 Plätze ausgewiesen. Dieses müsse bei der Beschlussfassung berücksichtigt werden.

Der Gesundheitsausschuss beschließt einstimmig:

"Der Festlegung der Bettenzahlen in den LVR-Kliniken für die Bereiche KHG, Rehabilitation und Pflege wird, unter Berücksichtigung der Ausführungen von Frau Lubek, gemäß Vorlage 12/3740/1 zugestimmt."


Punkt 7
Einführung eines Anteils von 10 Prozent an Nahrungsmitteln aus kontrolliert biologischem Anbau bei der Lebensmittelbeschaffung der LVR-Kliniken
Vorlage 12/3904

Herr Peil hebt hervor, die politische Vertretung habe bereits in den Krankenhausausschüssen geäußert, dass sie mit dem Ergebnis nicht zufrieden sei. Bei dem Anteil von Nahrungsmitteln aus kontrolliert biologischem Anbau gehe es der politischen Vertretung um frische Lebensmittel. Es sei ein Anteil von 10 % zugrunde gelegt worden, damit die Verwaltung zeitnah reagieren könne. Der Antrag der politischen Vertretung sei bereits in der Sitzung am 27.04.2007 gestellt worden. Es werde erwartet, dass kurzfristig eine entsprechende Ausschreibung erfolge.

Herr Holzhauer ergänzt, wichtig sei es der politischen Vertretung auch, dass bei der Ausschreibung von Bio-Produkten regionale Anbieter Berücksichtigung finden. Es müsse überlegt werden, wie dieses durch die Beratungsgesellschaft Kerkhoff Consulting besser berücksichtigt werden könne. Das Verfahren sei nochmals zu überprüfen.

Herr Dr. Rolle weist ebenfalls auf die lange Bearbeitungszeit des Antrages hin. In Münster sei die Versorgung mit Nahrungsmitteln aus kontrolliert biologischem Anbau mit einem Anteil von über 10 % sichergestellt.

Die Vorsitzende gibt zu bedenken, es müsse nochmals überlegt werden, ob das Vergabeverfahren im Bereich des Landschaftsverbandes Rheinland durch die Beratungsgesellschaft Kerkhoff Consulting richtig gestaltet werde.

Die Vorsitzende fasst die weitere Diskussion, an der sich Herr Paßmann, Frau Lubek und Herr Dr. Rolle beteiligen, dahingehend zusammen, dass das langwierige Verfahren bemängelt werde. Bei dem Anteil an Nahrungsmitteln aus kontrolliert biologischem Anbau gehe es der politischen Vertretung um frische Ware. Dabei sollen regionale Anbieter Berücksichtigung finden. Das Vergabeverfahren solle nochmals dargestellt werden. Es werden kurzfristige Lösungen erwartet.

Der Vermerk zum Vergabeverfahren ist als Anlage 2 der Niederschrift beigefügt.

Frau Lubek berichtet, die Verwaltung werde das Konzept zur Speisenversorgung in den LVR-Kliniken in einer der nächsten Sitzungen vorlegen.

Der Bericht der Verwaltung zur Einführung eines Anteils von 10 Prozent an Nahrungsmitteln aus kontrolliert biologischem Anbau bei der Lebensmittelbeschaffung der LVR-Kliniken wird gemäß Vorlage Nr. 12/3904 zur Kenntnis genommen.


Punkt 8
Leben von Menschen mit Behinderung in Gastfamilien mit ambulanter Unterstützung
Vorlage 12/3069/2

Auf Frage von Frau Wiesemann wird darauf hingewiesen, dass die Gastfamilien für die Aufnahme der erwachsenen Menschen in der Regel über die Eingliederungshilfe für den behinderten Menschen monatlich eine Aufwandsentschädigung von ca. 600,-- € und eine Betreuungspauschale von ca. 300,-- € erhalten. Die Leistungen seien steuerfrei.

Der Gesundheitsausschuss nimmt die Vorlage Nr. 12/3069/2 zur Kenntnis.


Punkt 9
Mitteilung der Verwaltung

Frau Lubek berichtet, der Landschaftsausschuss habe in seiner Sitzung am 12.09.2008 die Verwaltung beauftragt, ein flächendeckendes ambulantes Angebot für Kinder psychisch kranker Eltern im Rheinland in Kooperation mit den Kommunen zu initiieren. Hierbei sei insbesondere die Zuständigkeit der Jugendhilfe zu berücksichtigen. Des weiteren sollen die bestehenden Projekte Kipkel, KIPS und KIK Lev so unterstützt werden, dass sie ihre Arbeit erfolgreich fortsetzen und eine dauerhafte Finanzierung sicherstellen können. In der Sitzungsrunde der Krankenhausausschüsse im Januar 2009 seien die Berichte der LVR-Kliniken zu den Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern vorgelegt worden. Die LVR-Kliniken Bonn und Essen würden in der Sitzungsrunde im März ihre ausführlichen Berichte nachliefern. In einem zweiten Schritt sollen die Angebote der einzelnen LVR-Kliniken in einer Synopse zusammengefasst und eine Rahmenkonzeption entwickelt werden. Auf entsprechende Nachfrage der Verwaltung habe Kipkel mitgeteilt, das sie 2009 die Finanzierung aus eigenen Mitteln sicherstellen können. Bis zur Vorlage einer Rahmenkonzeption ergebe sich für ein halbes Jahr ein Unterstützungsbedarf bei KIK Lev Leverkusen in Höhe von 12.200,-- € und für KIPS in Solingen in Höhe von 8.000,-- €. Dieser werde zur Verfügung gestellt.

Der Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.

Die Vorsitzende hebt hervor, hierbei handele es sich um einen wichtigen Beitrag, Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern sicherzustellen.


Punkt 10
Verschiedenes

Die nächste Sitzung des Gesundheitsausschusses findet am Freitag, den 13.03.2009, 9.30 Uhr, in Köln, Landeshaus, statt.


Köln, 02.03.2009
Die Vorsitzende


A s c h , MdL
Köln, 30.01.2009
Der Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland
In Vertretung

L u b e k