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in der Landschaftsversammlung Rheinland

Antrag-Nr. 13/47
öffentlich
Datum:
05/28/2010
Antragsteller:
Die Linke.
Finanz- und Wirtschaftsausschuss02.06.2010empfehlender Beschluss
Landschaftsausschuss11.06.2010empfehlender Beschluss
Landschaftsversammlung18.06.2010Beschluss
Tagesordnungspunkt:
Haushalt 2010, Anträge der Fraktionen
Beschlussvorschlag:

Der Rahmenvertrag über die Vergabe der Postdienstleistungen für die Zentralverwaltung in Köln und neun Außenämter/Kliniken in Bedburg-Hau, Düren, Düsseldorf, Langenfeld, Essen, Pulheim, Bonn und Oberhausen wird zum 30.06.2010 gekündigt. Die Vergabe wird für den LVR im Hinblick auf den vom Deutschen Städtetag herausgegebenen Leitfaden "Berücksichtigung sozialer Belange im Vergabrecht" neu ausgeschrieben. 

Begründung:

Nach der Vergabe der Durchführung der Postdienstleistungen ab Februar 2008 ist es zu einem schlechten Informationsfluss gekommen, die Post des LVR wird nicht mehr verlässlich ausgeliefert. Auf den Ausschusssitzungen und in den Dezernaten des LVR mehren sich Beschwerden und Unmut darüber, dass Post mit einer Postfach Adresse oder einer Adresse im ländlichen Raum häufig nicht oder zu spät ankommt. Oftmals kommt die Post auch zurück und muss dann noch einmal durch ein anderes Postdienstleistungsunternehmen versendet werden, wodurch sie ihr Ziel ebenfalls zu spät erreicht.  Fristen sind einzuhalten und Einladungen zu wichtigen Terminen müssen ihr Ziel erreichen bevor die Veranstaltung stattgefunden hat. Unter diesen Umständen kann für die behinderten Menschen, die etwa Kunden des LVR-Integrationsamtes sind,  Qualität für Menschen nicht gewährleistet werden. Eine erneute Verschickung führt zu zusätzlichen, nicht einkalkulierbaren Kosten.

Hinzu kommt, dass der LVR durch die derzeitige Vergabe Lohndumping und Unwirtschaftlichkeit fördert. Wenn der LVR, wie derzeit der Fall, einen Vertrag zum Spottpreis einkauft,  werden dadurch die Gewinne des Auftragnehmers über Hartz IV-Zuschüsse für die MitarbeiterInnen subventioniert. Die MitarbeiterInnen von TNT bekommen einen tariflichen Stundenlohn von 7,60€ in Teilzeit und gehören damit zum Kreis der Berechtigten nach SGB II. Das führt zu einer weiteren finanziellen Belastung der Kommunen im Rheinland, da letztlich die Kommunen den Preis für viel zu niedrige Tarife zahlen müssen. Postdienstleistungsunternehmen, die für niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen von Briefzustellerinnen und Briefzustellern bekannt sind, sollten daher durch entsprechende Kriterien von der Ausschreibung ausgeschlossen werden. Des Weiteren machen die schlechten Arbeitsbedingungen bei TNT die Einstellung schwerbehinderter Menschen unmöglich. Mit dem Leitfaden "Berücksichtigung sozialer Belange im Vergabrecht" ist es öffentlichen Auftraggebern wie dem LVR möglich, soziale Standards bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen rechtssicher und praxistauglich einzufordern.

Folgenden Kriterien könnten konkret bei einer erneuten Ausschreibung als Leitideen berücksichtigt werden:

- Bewerben können sich nur Postdienstleistungsunternehmen, die im Rheinland flächendeckend beliefern und bei denen keine postalischen Versorgungslücken in schwächer strukturierten ländlichen Räumen bestehen.
- Die Zustellung muss durch das Postdienstleistungsunternehmen an sechs Tagen die Woche erfolgen, um zu gewährleisten, dass auch in größeren Städten gut beliefert wird.
- Die Orga nisation des Postdienstleistungsunternehmens muss derart gestaltet sein, dass das Postgeheimnis gewahrt wird: Briefe werden in den Filialen und nicht bei BriefzustellerInnen zuhause auf dem Küchentisch sortiert,  BriefzustellerInnen dürfen nicht so häufig wechseln.
- Den MitarbeiterInnen des vom LVR beauftragten Unternehmens muss die  Gründung eines Betriebsrats ohne Hindernisse ge währt werden.
- Das vom LVR beauftragte Postdienstleistungsunternehmen muss sich nach Tariflöhnen richten, von denen die MitarbeiterInnen leben können und keine Aufstockung der Gehälter durch Hartz IV benötigen. Die Studie der Bundesnetzagentur über die Löhne bei Postdienstleistungsunternehmen definiert Anforderungen an einen tarifvertraglichen Mindestlohn und kann hier als Richtlinie dienen.
- Der gesetzlich festgelegte Urlaub von 20 Tagen im Jahr muss vom beauftragten Postdienstleistungsunternehmen eingehalten werden und darf nicht durch Zwangsurlaub gekürzt werden, etwa wenn nach gesetzlichen Feiertagen keine Arbeit da ist.
- Das beauftragte Unternehmen beschäftigt auf mindestens 5 % der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen.

Die Erfahrung mit TNT zeigt, dass beim Vergabeverfahren 2007 nicht das wirtschaftlichste Angebot ausgewählt wurde. Durch Nichtzustellung hat TNT zudem bereits mehrfach den bestehenden Vertrag gebrochen. Hinzu kommt, dass die Vertragsgrundlagen mit TNT aller Voraussicht nach in Zukunft regelmäßig verschlechtert werden. TNT führt in Deutschland jetzt flächendeckend E + 2 ein. Während bisher mit E + 1 die Post einen Tag nach der Einlieferung verschickt wurde, sollen es ab jetzt prinzipiell zwei Tage sein, so dass sich die Zulieferung in Zukunft noch stärker verzögern wird.  

Unterschrift:
Felix Schulte Felix Schulte
Anlagen:
  • Keine Anlagen vorhanden